Als wir uns vom 22.-25. April in Münsterschwarzach zum Würzburger Kreis trafen, um über das Gelübde des Gehorsams zu sprechen, wurde diese Frage gestellt: "Ist der Gehorsam eigentlich noch zu retten angesichts von Machtmissbrauch und spirituellem Missbrauch?" Können wir ein Gelübde des Gehorsam ernsthaft ablegen, wo sich doch nicht selten seine Kehrseite gezeigt hat und Menschen im Namen des Gehorsams gedemütigt und unterdrückt wurden?
Berechtigte Fragen und dennoch kehre ich nach dieser Woche als bekennender "Fan" des (richtig verstandenen) Gehorsams zurück. Eine Definition, die wir in diesen Tagen gehört haben lautete: "Gehorsam ist die Anerkennung, dass ich mir nicht selbst alles sagen kann." Was für eine weise Einsicht. Beim Wort Gehorsam ploppt wahrscheinlich automatisch der Einwand "Selbstbestimmung!" auf. Und es ist wichtig selbstbestimmt, autonom und frei sein, auch im Gehorsam. Und dennoch ist es auch wahr, dass es größenwahnsinnig wäre zu sagen, ich könnte mein Leben komplett selbst bestimmen und es überblicken. Wie gut ist es, dass ich mein Leben gar nicht selbst durchblicken kann und wie hilfreich, wenn es jemanden oder eine Gemeinschaft gibt, die Dinge sieht, die ich nicht sehe und die mich auch mal herausfordern kann meine Fokussierung zu lösen und den Blick zu weiten.
Das alles funktioniert natürlich nur, wenn es keine geheimen Machtspielchen gibt, sondern beide - die Gemeinschaft und das Ordensmitglied - die ernsthafte Absicht und Sehnsucht haben den Ruf Gottes erkennen zu wollen.
Ein so verstandener Gehorsam, der das gemeinsame Hinhören auf den Weg Gottes versucht, der im Geist Jesu Christi steht, der selbst den Gehorsam gelernt hat (Hebr 5,8), der in die Freiheit und ins Leben führen soll, ist auch heute lebenswert.
Sr. M. Clarita
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Inge Rawe (Samstag, 04 Mai 2024 07:47)
Liebe Sr.M.Clarita, gerne habe ich Deinen Beitrag gelesen und war neugierig auf Deine Worte. In der Tat ist es größenwahnsinnig von uns Menschen zu glauben, dass wir über unser Leben komplett selber bestimmen können. Für mich ist Gehorsam, ein Wort, dass viel missbraucht wurde in seiner Bedeutung, mit Demut gekoppelt. So würde ich sagen, dass es Mut braucht um zu Hören, um dann angemessen zu handeln.
Ich freue mich schon auf weitere Beiträge von Dir. Sie regen mich an nachzudenken und zu spüren was meine Gedanken und Gefühle sind!!
Alles Liebe, Inge