Eine Radtour ist wie das Evangelium: Herausfordernd, aber lohnenswert

Eigentlich ist ja Sr. Kerstin-Marie diejenige, die diesen Blog mit Fahrradcontent versorgt, aber nun kommt es vor, dass die neue Postulantin auch gerne Rad fĂ€hrt. Ab jetzt herrscht hier also doppelte Radfreude. 😊

 

Vor meinem Eintritt in die Gemeinschaft der Arenberger Dominikanerinnen, wollte ich noch etwas VerrĂŒcktes machen – denn so ein Klostereintritt ist ja noch nicht verrĂŒckt genug. 😉 Vor ca. einem Jahr kam bei einer gemeinsamen Radtour mit meinem Augsburger Bibelkreis die Idee auf, im nĂ€chsten Sommer nach Rom mit dem Fahrrad zu fahren. Ich war sofort begeistert, denn es passte zeitlich wunderbar in meine Planungen und das Vorhaben schien mir abenteuerlich genug zu werden. Der Spoiler vorweg: Wir sind alle heil und pĂŒnktlich in Rom angekommen. Neben der sehr schönen Ă€ußeren Reise durfte ich parallel auch eine innere Reise beschreiten und ich lernte: Radfahren hat viel mit dem Evangelium zu tun.

 

ZunĂ€chst ist es die Lebensweise des Christen, ein Pilger und damit dauerhaft in Bewegung zu sein. Unser Mitbruder Diethard Zils OP schreibt in einem bekannten Lied: „Pilger sind wir Menschen, suchen Gottes Wort, UnerfĂŒllte Sehnsucht treibt uns fort und fort“. Im letzten ist das Pilgern eine Verdeutlichung des irdischen Pilgerwegs, den jeder Mensch unweigerlich beschreitet: unterwegs zu sein zur ewigen Heimat mit Gott. Aber gleichzeitig gilt es auch hier auf Erden, jeden Tag diesem Gott nĂ€her kommen zu wollen. Wie bei jeder Pilgerreise gibt es auch in der Beziehung mit Gott Aufs und Abs, Berge und TĂ€ler – Zeichen der Lebendigkeit dieser Gottesbeziehung. Das Unterwegssein ist also unser status quo als Christen.

 

Auf unserem Weg nach Rom mussten wir nicht nur die Alpen, sondern auch den Apenin ĂŒberqueren – letzter war deutlich anstrengender. Nicht selten verzweifelte ich innerlich, wenn die Sonne unbarmherzig auf uns niederbrannte und der schier endlos lange Berg mit nur 6km/h bewĂ€ltigt werden konnte. Wie oft hatte ich keine Lust mehr, aber die Alternative - das Schieben oder gar Stehen bleiben - hĂ€tte die QuĂ€lerei noch lĂ€nger gemacht. Also lieber ordentlich Wasser trinken und ab und zu von den sĂŒĂŸen Brombeeren naschen, die so herrlich und ĂŒberfließend am Wegesrand wuchsen. Und irgendwann kam man oben an und durfte sich ĂŒber den Erfolg freuen. Es lohnt sich schwere Wegstrecken durchzuhalten und nicht sofort aufzugeben, denn oft lassen sich die Ă€ußeren, nervigen UmstĂ€nde sowieso nicht Ă€ndern. Und manchmal wird man nach einer anstrengenden Zeit belohnt – wie wir nach einer Fahrt durch den Regen von einem wunderschönen Regenbogen begrĂŒĂŸt wurden. 

 

Und noch etwas habe ich gelernt: Als Christ ist man nie allein unterwegs – schon Jesus sandte seine JĂŒnger zu zweit aus. Wir sind gemeinsam unterwegs in diesem Abenteuer mit Gott und teilen sowohl Freude als auch Leid. Als jemandem aus unserer Gruppe der GepĂ€cktrĂ€ger zu brechen drohte, mussten wir kurzerhand Isomatte, Zelt, Schlafsack und Lebensmittel untereinander aufteilen, um das Fahrrad zu entlasten. Ähnlich tragen wir die Lasten unseres Lebens nicht allein, sondern dĂŒrfen uns im Gebet getragen wissen, von einer großen Glaubensgemeinschaft. Ich darf Hilfe und UnterstĂŒtzung annehmen bis ich vielleicht wieder selbst Kraft habe, einen Teil zu tragen. Und gleichzeitig darf ich die vielen Menschen, die unter Schwierigkeiten leiden, ebenso in Gebet und Tat selbst unterstĂŒtzen.

 

Schließlich war fĂŒr uns alle die Erfahrung eines fĂŒrsorgenden Gottes prĂ€gsam geworden. Wenn wir am Morgen aufbrachen, wussten wir nie, wo wir abends ĂŒbernachten wĂŒrden und doch ließ sich immer ein geeigneter Ort finden. Wir schliefen in PfarrsĂ€len, im Pfarrgarten, im Kreuzgang eines Klosters, im Hörsaal, auf einer Orgelempore, in einem Park oder einfach draußen am Ufer eines Sees. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass man nicht nur bei den großen Dingen, sondern auch bei alltĂ€glichen auf Gott vertrauen darf – so trafen wir beim Erreichen den Tagesziels immer auf Menschen, die uns weiterhalfen einen Schlafplatz zu finden. Manchmal bekamen wir auch einfach so von Anwohnern Dinge geschenkt – von selbstgekochter italienischer Pasta bis zur Feigenmarmelade oder Wein. Ich glaube, oft hat Gott in unserem Leben nicht mehr die Möglichkeit, diese Dimension seiner ZĂ€rtlichkeit zu zeigen, weil wir meist sehr gut fĂŒr alles gesorgt haben, aber wenn wir ihn mal lassen, dann tut er es, wie ich feststellen durfte.

 

Radfahren lohnt sich also – Probieren Sie es selbst aus! 😊

 

Postulantin Clara

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Kommentare: 3
  • #1

    Christine Berretz (Montag, 10 Oktober 2022 16:29)

    Schön, dass Sr. Kerstin-Marie jetzt vielleicht eine Mitstreiterin bekommt! Alles Gute!ïżœïżœïżœâ€â™‚ïž

  • #2

    Manfred Nlls (Montag, 10 Oktober 2022 21:03)

    Die Überschrift ist toll, so sehe ich es als leidenschaftlicher Mountainbiker
    aus dem (flutbetroffenem) Ahrtal ebenso. Den Bericht habe ich mit regem Interesse gelesen, kann gerne noch etwas ausfĂŒhrlicher sein - sehr schön geschrieben.

  • #3

    JĂŒrgen Hadem (Freitag, 21 Oktober 2022 19:00)

    Vielen Dank fĂŒr diesen Bericht!

    Ich war im August auch einige Tage mit dem Rad unterwegs und habe Ă€hnliche intensive Erfahrungen machen dĂŒrfen.

    Ich kenne Kloster Arenberg als Gast und wĂŒnsche Postulantin Clara und Hanna Gottes Segen auf ihrem Weg!!