Professpredigt Sr. Kathrin - von Pater Laurentius Höhn OP

Wir feiern Mariä Geburt und irgendwie feiern wir dieses Fest auch nicht, denn wir feiern mit starkem Akzent heute Christi Geburt in Kathrin. Und wir erinnern uns an Christi Geburt in den anderen Jubelschwestern des heutigen Tages.

Denn: Was ist Profess denn anderes, als mit viel Vertrauen und Gnadenunterstützung eine Auffüllung des eigenen Wesens mit den Personenanteilen Jesu, - etwas, was uns schon in der Taufe zugesprochen wurde, indem wir unauslöschlich mit ihm verbunden wurden?

 

Und dann gab es da einen großen Denker im Dreißigjährigen Krieg: „Wäre Jesus tausendmal in Bethlehem geboren und nicht in dir, du wärest dennoch in alle Ewigkeit verloren…“

 

Okay, Angelus Silesius, du großer Dichter der Barockzeit, nehmen wir dich ernst und schreiben wir am Beginn des Evangeliums weiter: Viele Namen, auch ein paar Frauen sind in männerdominanter Umgebung genannt, und dann kämen, etwas häretisch, nach vielen Generationen der Geschichte nach Christi Geburt, die Namen der Eltern von Kathrin und die Namen der anderen Schwestern, eigentlich sind das ja alle mit diesem festen Datum des achten September hier in Arenberg… Und es würde da stehen nach Matthäus und heute leicht häretisch interpretiert von Laurentius: „Und sie brachten Kathrin Schäfer zur Welt, so wie sie dann mit ihren Stärken und Schwächen ein Geschwisterkind des Jesus von Nazareth wurde."

 

Ja, ich weiß, das klingt fremd, unbiblisch und dennoch ist es geistlich genau das, um was es geht… sich in der Freundschaft und Verwandtschaft mit Jesus positionieren und einen Liebesbund mit ihm für eine Zeit zunächst, die man vielleicht überblicken kann, einzugehen – und das nicht ohne die tolle Unterstützung der Schwestern und Brüder.

 

Ich brauche jetzt auch eine Unterstützung und weiß auch darum, dass die gute Kathrin Filme und dem Kino als gewiefte Journalistin nicht abgeneigt ist. Und meine Predigthilfe ist der polnische Spielfilm „Ida“, den ich hier schon einmal gezeigt habe, und der, wenn er jetzt nicht bekannt ist, auch nicht in Gänze erzählt werden muss, aber die Andeutungen werden reichen, um hoffentlich zu zeigen, dass dieser Film eine große, schöne Meditation auf das Ordensleben ist.

Ida ist eine junge Ordensschwester, die kurz vor ihrer geplanten Profess erfährt, dass sie ein durch glückliche Umstände gerettetes jüdisches Waisenkind des Krieges ist, dann katholisch bei Nonnen erzogen wurde und sich nun vor den Gelübden mit ihrer einzig die Nazi-Zeit überlebenden Verwandten, der Tante Wanda, eine durch Schicksal gezeichnete Richterin, auf familiärer Spurensuchen begibt. Drei starke Szenen aus diesem Film schenke ich uns heute als Orientierung für unsere Gelübde.

 

Spiegel. Sie macht den Schleier weg und schaut auf die Schönheit ihrer Haare

In einer sehr eindrücklichen Szene steht Sr. Ida vor dem Spiegel und macht ihren Schleier auf. Etwas ja irgendwie auch Alltägliches für die meisten hier anwesenden weiblichen Personen, aber interessant an der Szene ist die Neuentdeckung der Schönheit der Haare dieser jungen Frau. Sie greift sich in das dicke, dichte Haar und schaut sich sehr sinnlich in ihre Augen. Sie leugnet ihre Haare nicht und sie weiß, dass sie mit Leib und Seele als Mensch, diesen Weg der Nachfolge Christi immer wieder zu überprüfen hat… auch in der Körperlichkeit. Das ist ein sehr schwieriges Thema, und ich erahne, dass dies bei uns Ordenschristen auch sehr unterschiedliche Erinnerungen und Gefühle hervorbringen kann – Intimität, Entdeckung von Schönheit und Bejahung des Körpers und dann der gelassene Umgang mit diesem. Gegeben in einer Gemeinschaft und dort, wo Du, liebe Kathrin, erkennbar als Ordensschwester mit dem Habit, aber auch mit Deiner körperlichen Erscheinung ein Ausdruck des Geschöpfes bist. Wir sind nicht so naiv zu leugnen, dass diese Erscheinung von uns jenseits unserer Spiritualität anzusiedeln ist… nein, es geht um einen Umgang mit dem, was auch ein weihnachtliches Moment unserer Existenz ist. Christus ist Mensch und Fleisch geworden… das ist auch eine zu meditierende Realität unseres Ordenslebens. Und das hat dann etwas mit der ehelosen Keuschheit zu tun.

 

Und was kommt dann?

In einer zweiten Szene des sehr vertrauten Zusammenseins dieser Schwester mit einem jungen Mann, und interessanterweise kurz vor der Rückkehr der Schwester ins Kloster, gibt es einen interessanten Dialog des Mannes mit der jungen Schwester. Er wirbt um diese junge Frau, erzählt ihr, was man doch gemeinsam erleben könnte, und wie schön dies sein kann. Ida hört gut zu, und fragt immer wieder: Und was kommt dann? Und nach vielen Auflistungen kommt der sinngemäße Satz des Mannes: Dann beginnt der ganz normale Alltag! Und die Schwester erwägt in ihrem Herzen, was sie erleben will draußen in der weltlichen Gesellschaft oder in der geistlichen Gemeinschaft mit Christus und den Schwestern… und sie wählt Letzteres!

Kathrin, Du wirst auch in den nächsten Jahren abwägen, was Alltag im Kloster Dir wertschätzend bedeuten kann, wo Du da drin einen sich manchmal versteckenden Christus entdecken kannst. Und diese Beurteilung von Anspruch und Reichtümern und Verzicht das hat etwas mit dem Gelübde der Armut als dem Gelübde des rechten Verhältnisses zum Alltag zu tun.

 

Selbstgespräch mit Gott im Schnee an einer Jesusfigur

Und eine letzte Szene. Die junge Schwester ist sehr bewegt von dem Neuen, was sie über ihre Familie erfährt. Was das mit ihr sehr persönlich, auch emotional macht, und sie geht in ihrem kargen Kloster kurz vor der geplanten Profess alleine im tristen Winterwetter an einer Jesusfigur im Garten auf und ab, und entschuldigt sich abwägend geradezu bei Jesus, dass sie wohl noch nicht so weit ist, die Gelübde abzulegen. Und es ist so wunderbar ehrlich und gar nicht schlimm. Ja, im Hören auf die Erfahrungen des Lebens, im Hören auf die Schrift, im Hören auf die Erfahrungen der Schwestern und Brüder, gehen wir auch in eine Schule des Gehorsams.

 

Liebe Kathrin, und wirklich alle Lieben hier,

es ist gut vor großen Momenten unseres Lebens, als Jüngerinnen und Jünger Jesu drei Aktivitäten nicht zu vergessen, sondern zu praktizieren:

  • Die eigenen Haare und das Gesicht im Spiegel betrachten und vielleicht auch darüber nachzusinnen, wie unser Jesus mit in den Spiegel gucken würde.
  • Neugierig gegen die Monotonie und Routine in verschiedenen Gelegenheiten des Zusammenkommens mit Anderen fragen: Und was kommt dann?
  • Und immer wieder grübelnd und voller Freiheit des Geistes im tiefen Gespräch mit sich selbst und dem Jesus in unserem Herz fragen: Habe ich die Kräfte einen Weg zu gehen, den ich nur gehen kann, wenn ich ein Grundvertrauen in Gott und mich selbst habe?

Mach es, liebe Kathrin, und: Jesus ist nicht nur in Bethlehem geboren, sondern auch in uns auf dem Weg der Nachfolge… als bist Du, sind wir, nicht verloren!

Amen.