gemeinsam lernen, suchen und arbeiten

Vom 15.08-28.08.2021 durfte ich, Sr. M. Filomena mit einer Mitschwester, an Modul II der Bibelwerkstatt der Ordensgemeinschaften in Österreich teilnehmen. Im Folgenden möchte ich einen „kleinen“ Einblick geben in diese Zeit:

Filme wie „Das siebte Zeichen“, „The Day After Tomorrow“ und viele Andere greifen auf die reiche Bilderwelt der Offenbarung des Johannes zurück. Sie eignen sich scheinbar auch gerade zu perfekt für spannende, aber auch brutale, teils blutrünstige Vorstellungen der „letzten“ Tage der Menschheit. Doch wie sind sie zu verstehen? Was verraten uns die Texte über das Gottesbild? Erwartet uns nach einem Gericht das himmlische Jerusalem? Zu Beginn der ersten Veranstaltungswoche des zweiten Moduls widmeten wir uns „Dem entsiegelten Buch – der Offenbarung des Johannes“ mit Unterstützung von Prof. Dr. Margareta Gruber OSF. Fast drei Tage lang führte Sr. Margareta uns in die Tiefen dieser Texte. Gemeinsame Lektüre, Vortrag und Gespräch ließen uns die „Perspektive des Lammes“ als Schlüssel zum tieferen Verständnis der Offenbarung des Johannes erkennen (Offb 5). Die Spannung zwischen der bereits erfahrenen Erlösung durch Christus und der noch ausstehenden Vollendung wurde spürbar. Jene Erfahrung des „Schon“ – und dem gleichzeitigem „noch nicht“. Die zahlreichen Bilder von Krieg, Naturkatastrophen und Visionen gestalten den Übergang in die Vollendung. Sie zeigen aber auch die Universalität des Wirkens Gottes und dessen Endgültigkeit. Besonders berührt hat mich der Gedanke, dass Gott nichts vernichtet, von dem, was er geschaffen hat. Er aber allem die Macht nimmt und nehmen wird, was Leben raubt und zerstört. „Wodurch aber sind wir erlöst?“ Diese Frage forderte uns heraus. Die Arbeit mit den paulinischen Briefen erweiterte unseren Blick auf das Erlösungsgeschehen. Ein Auszug aus dem Galaterbrief (Gal 2,19f.) betont eine grundlegende Erfahrung des Paulus. So übersetzte Sr. Margareta das Wort „Glauben“ (pistis) mit „Trauen“. Wir sind eingeladen und herausgefordert Gott zu trauen, aber auch Gott ist es, der uns traut. Und dort, wo (Ver-)Trauen ist, haben wir Anteil an einer Freiheit, in einer oft unterschätzen Dimension. Erlösung ist für uns erfahrbar als ein konkretes Beziehungsgeschehen. Reich beschenkt mit vielen Gedanken, Worten und Eindrücken durften wir uns am Freitag selbst auf den Weg machen. Sr. Ruth Pucher MC führte uns in die Wiener Innenstadt, hin zu biblischen Darstellungen in der Kunst. Unterstützt durch biblische Lesungen vor Ort wurden die Bilder nochmal neu lebendig und aussagekräftig. Nach einem erholsamen Wochenende begann Woche zwei mit der Schriftauslegung nach Dei Verbum. Sr. Dr. Getraud Johanna Harb SCSC erarbeitete mit uns die Texte der dogmatischen Konstitution. Schritt für Schritt fanden wir Zugang zu den wesentlichen Aussagen, welche oftmals dem ungeübten Leser verborgen bleiben können. So erschloss sich die Offenbarung Gottes als etwas in sich Abgeschlossenes, das aber jeder Einzelne in seiner Zeit und seinem Leben stückweise entdecken kann. So stellen die Tradition und die Hl. Schrift zwei zentrale Elemente der Offenbarung Gottes dar. Sowohl die Tradition und ihre Überlieferungen, als auch die aktuelle, lebensweltnahe Auseinandersetzung des Einzelnen und der kirchlichen Gemeinschaft mit der Hl. Schrift sind wertvoll, damit das Verständnis wachsen kann. (vgl. DV 8) Wie jedoch kann ich die Hl. Schrift verstehen? Auf welche Risiken muss ich achten? Wie kann ich Fehlinterpretationen vermeiden? In diesem zweiten Schrift erhielten wir wertvolle Tipps und unterstützende Literatur. Risiken sind etwa: das Lesen und Absolut-Setzen einzelner Aussagen ohne Hintergrund; die Instrumentalisierung der Texte für eigene Interessen; oder auch die Nichtbeachtung der vielfältigen literarischen Gattungen der Texte. Den inhaltlichen Abschluss gestaltete Br. Dr. Antonius Kuckhoff OSB mit den Psalmen des Alten und Neuen Testamentes. Umrahmt von einer intensiven Begegnung mit Psalm 1 und Psalm 150 durften wir den Psalmen in ihrer vielfältigen Gestalt näherkommen: als Ausdruck eigener Erfahrungen und Erfahrungen des Volkes Israel, als Gebetsschatz, als Brücke zwischen Altem und Neuem Testament, aber auch als musikalische Werke gottesdienstlicher Praxis über Jahrhunderte. Durch eine gezielte Auswahl hebräischer Worte, konnten wir erspüren und erahnen, welche Fülle, den uns, oft nur aus der Einheitsübersetzung vertrauen Worte, innewohnt. Besonders deutlich wurde das für mich an Psalm 22. Einer seiner Verse ist uns aus dem neuen Testament sehr vertraut. Bei Markus 15,34 heißt es: „Und in der neunten Stunde schrie Jesus mit lauter Stimme: Eloi, eloi, Lemma sabachtani?, das heißt übersetzt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“. Für mich ist es immer wieder ein hartes Wort, dieses „Warum“. Doch Br. Antonius, ein großer Freund der hebräischen Sprache, unterschied nochmal genauer, um was es geht. Denn dort steht kein „Warum“ (hebr. madua), das nach dem Grund in der Vergangenheit fragt. Dort steht ein „Wozu“ (hebr. lammah). „Wozu hast du mich verlassen“. Hier wird also nach einer Absicht in der Zukunft gefragt! Um die Psalmen nicht nur im Kopf wirken zu lassen, begegneten wir ihnen auch in der Musik. Psalmvertonungen von Mendelssohn-Bartholdy, Schütz und anderen fanden ihren Weg über unser Ohr ins Herz. Kurz vor dem gemeinsamen Abschluss durften wir am Freitag bei den Steyler Missionaren in St. Gabriel zu Gast sein. Freundlich empfing uns Pater Franz Helm SVD und führte uns durch die riesige und prachtvoll ausgestaltete Kirche. Am Abend feierte er mit uns in der Krypta die gemeinsame Messe zum Abschluss von Modul II. All das ist nur eine Auswahl an spannenden Inhalten und guten Begegnungen, die ich aus den Werkwochen „mit nach Hause nehmen“ durfte. Jeder Referent und jede Referentin waren selbst „Feuer und Flamme“ und beschenkten uns mit einer Atmosphäre des guten gemeinsamen Arbeitens, Suchens und Lernens. Sr. Ruth Pucher MC, die Hauptorganisatorin, begleitete liebevoll und unermüdlich tatkräftig unsere kleine Gemeinschaft während der Wochen im Franziskanerkloster „La Verna“. Ich bin sehr dankbar für diese Möglichkeit, empfehle sie gerne weiter und danke Gott und allen denen ich in dieser wertvollen Zeit begegnen durfte.

Sr. M.Filomena