Nur Mut!

Einstimmung von Sr. M. Scholastika in das Hochfest des hl. Josef 2021 - Profess-Erneuerung von Schwester M. Christina Klein und Noviziatsaufnahme von Janina Franz

 

Liebe Schwester M. Christina, liebe Janina, liebe Schwestern, liebe Jacqueline, 

braucht ein Leben mit GOTT Mut? 

Wir sollten Schwester M. Irmgard fragen und Schwester 

M. Theresia, die am Josefstag 65 Jahre Profess feiern,

oder in Oberhausen Schwester Maria Willigis mit ihren 75 Jahren, Schwester M. Imeldis mit ihren 70 Jahren Profess.

Braucht dieses Leben mit GOTT Mut?

Wir haben in den letzten Tagen der Exerzitien die Worte von Madeleine Delbrêl meditiert:

Lasst euch finden

Geht in euren Tag hinaus ohne vorgefasste Ideen,

ohne die Erwartung von Müdigkeit,

ohne Plan von Gott; ohne Bescheidwissen über ihn,

ohne Enthusiasmus, ohne Bibliothek -

geht so auf die Begegnung mit ihm zu.

Brecht auf ohne Landkarte -

und wisst, dass Gott unterwegs zu finden ist,

und nicht erst am Ziel.

Versucht nicht, ihn nach Originalrezepten zu finden,

sondern lasst euch von ihm finden

in der Armut eines banalen Lebens.

 

Und aus dem Matthäus-Evangelium hören wir:

„Steckt nicht Gold, Silber und Kupfermünzen in euren Gürtel! Nehmt keine Vorratstasche mit auf den Weg, kein zweites Hemd, keine Schuhe, keinen Wanderstab.“ 

Da kann man schon weiche Knie bekommen.

 

Und wenn das nicht Mut braucht: 

-  das sichere Boot zu verlassen und wie Petrus aufs Wasser zu gehen, wenn Jesus ruft.

-  nach IHM zu rufen, wenn alles wehtut und heillos erscheint,

-  IHM zu vertrauen, dass Er uns das tägliche Brot gibt, das wir brauchen.

Es braucht Mut, bei Jesus zu bleiben, wenn das Gehen mit IHM Leiden bedeutet.

Es braucht Mut, zu IHM zu stehen, bei Ihm zu bleiben, auch in der Unvernunft, im Nichtverstehen, dann, wenn es zum Davonlaufen ist.

Es braucht Mut, der Stimme GOTTES zu trauen, die uns in Träumen entgegenkommt, wie beim hl. Josef.

Und in unserer Zeit braucht es auch Mut, in dieser Kirche zu bleiben, in der dunkelste Abgründe ans Licht kommen.

 

Jesus selbst ist es, der ermutigt: „Fürchtet Euch nicht! Habt Mut!“

 

Wir kennen beides: wir kennen Unsicherheit und Ängste, wir kennen den Mut und die Entschiedenheit,  und durch ein langes Leben mit Christus, für das Sie, liebe Schwester M. Irmgard heute Zeugin sind, wird offenbar, was Frère Roger aufgeschrieben hat: „Bleibst du im Treibsand von Unschlüssigkeit und Nachtrauern zurück, verlierst du nur Zeit; eine Zeit, die nicht mehr dir gehört, sondern schon zur Zeit Gottes geworden ist. Der Teil Irrtum oder Zweideutigkeit, der jeder Entscheidung anhaftet, wird im Feuer des Geistes Gottes verbrennen.“ 

 

Liebe Schwestern,

das Leben ist mutig. Die Liebe ist mutig.

 

Vor 150 Jahren ist der hl. Josef zum Patron der katholischen Kirche erhoben worden. Das war für Papst Franziskus am 08. Dezember 2020 Grund genug, dieses Jahr zum Jahr des hl. Josef auszurufen. In den Monaten der Pandemie ist in ihm der Wunsch gereift, dieses Jahr zu begehen, „da in dieser Krise unser Leben von gewöhnlichen Menschen – die gewöhnlich vergessen werden – gestaltet und erhalten wird, die weder in den Schlagzeilen der Zeitungen und Zeitschriften noch sonst im Rampenlicht stehen, die aber heute zweifellos eine bedeutende Seite unserer Geschichte schreiben: Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger, Supermarktangestellte, Reinigungspersonal, Betreuungskräfte, Transporteure, Ordnungskräfte, ehrenamtliche Helfer, … viele, ja viele andere, die verstanden haben, dass niemand sich allein rettet. […] 

Wie viele Menschen üben sich jeden Tag in Geduld und flößen Hoffnung ein und sind darauf bedacht, keine Panik zu verbreiten, sondern Mitverantwortung zu fördern. Wie viele Väter, Mütter, Großväter und Großmütter, Lehrerinnen und Lehrer zeigen unseren Kindern mit kleinen und alltäglichen Gesten, wie sie einer Krise begegnen und sie durchstehen können, indem sie ihre Gewohnheiten anpassen, den Blick aufrichten und auch zum Gebet anregen. 

Alle können in Josef, diesem unauffälligen Mann, diesem Menschen der täglichen, diskreten und verborgenen Gegenwart einen Weggefährten in schwierigen Zeiten finden. Der heilige Josef erinnert uns daran, dass all jene, die scheinbar im Verborgenen oder in der „zweiten Reihe“ stehen, in der Heilsgeschichte eine unvergleichliche Hauptrolle spielen.“ [1]

 

Papst Franziskus stellt ihn als einen Mann des Mutes in unsere Mitte: Er hatte den Mut, vor dem Gesetz die Rolle des Vaters zu übernehmen, und er gab Jesus den vom Engel geoffenbarten Namen: »Ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen« (Mt 1,21). Einer Person oder einer Sache einen Namen zu geben bedeutete bei den alten Völkern Zugehörigkeit erhalten zu können.

Josef hört mutig auf die Stimme im Traum: „Josef, fürchte Dich nicht, hab Mut, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist.“  Wir können uns gar nicht so leicht vorstellen, was das für Josef bedeutet hat. Zu der damaligen Zeit.

 

„Fürchtet euch nicht, habt Mut!“ 

Wir dürfen Tag für Tag mit ganzer Kraft das Evangelium leben. 

Das ist unsere Berufung, liebe Schwestern, das ist unsere Sendung als Dominikanerinnen: sein Wort zu verkünden, sein Wort zu leben. Und das ist auch Euch wichtig, liebe Schwester M. Christina, liebe Janina. 

Du, Janina, hast durch Deinen Taufnamen einen lebendigen Zugang zum Apostel Johannes gefunden, der mit der Wucht seiner Worte Jesus als den Messias verkündet hat. Du hast einen Zugang, wie er aus der gegenseitigen innigen Liebe mit seinem Herrn lebte, in einer besonderen Vertrautheit. Johannes heißt: GOTT ist gnädig. 

Davon schreibt auch Papst Franziskus, wenn er auf den hl. Josef schaut: Die Heilsgeschichte erfüllt sich »gegen alle Hoffnung […] voll Hoffnung« durch unsere Schwachheit hindurch. Allzu oft denken wir, dass Gott sich nur auf unsere guten und starken Seiten verlässt, während sich in Wirklichkeit die meisten seiner Pläne durch und trotz unserer Schwachheit realisieren. Meine Gnade genügt dir; denn die Kraft wird in der Schwachheit vollendet« (2 Kor 12,7-9).

So lehrt uns Josef, dass der Glaube an Gott auch bedeutet, daran zu glauben, dass dieser selbst durch unsere Ängste, unsere Zerbrechlichkeit und unsere Schwäche wirken kann. Und er lehrt uns, dass wir uns inmitten der Stürme des Lebens nicht davor fürchten müssen, das Ruder unseres Bootes Gott zu überlassen. Josef zeigt uns einen Glauben, der nicht nach Abkürzungen sucht, sondern dem, was ihm widerfährt, „mit offenen Augen“ begegnet und persönlich Verantwortung übernimmt.

Papst Franziskus spricht von einem kreativen Mut: "Der Himmel greift ein, indem er auf den kreativen Mut dieses Mannes vertraut, der, als er bei der Ankunft in Betlehem keinen Ort findet, einen Stall herrichtet und so bereitet, dass er für den in die Welt kommenden Sohn Gottes ein möglichst behaglicher Ort wird. Angesichts der drohenden Gefahr des Herodes, der das Kind töten will, wird Josef im Traum erneut gewarnt, das Kind zu beschützen, und so organisiert er mitten in der Nacht die Flucht nach Ägypten."

 

Josef lebt im Jetzt. Er versteht es, ein Problem in eine Chance zu verwandeln, weil er zuerst dem GOTTES Wirken traut. Diesen kreativen Mut wünschen wir Euch beiden, Schwester M. Christina und Janina.

Liebe Janina, 

Du bist entschieden, einen nächsten Schritt zu setzen: 

Du bittest um die Aufnahme ins Noviziat.

Du weißt Dich beim Namen gerufen. 

Zutiefst hast Du in Deinem Leben die Erfahrung gemacht: GOTT ist gnädig:

Du bist begnadet, eine von GOTT Beschenkte.

Du erkennst: Gnade ist das eine, das Beschenkte im Hier und Jetzt ins Leben zu bringen ist das andere. Das braucht auch Mut. Und es braucht Mut, dem Leben, wie es sich zeigt, nicht auszuweichen und genau hier das Evangelium zu leben. 

 

Wir haben in den Exerzitientagen gemeinsam ein Wort betrachtet:

„Der wahre Mut ist die Frucht der Zärtlichkeit. Er überkommt uns, wenn wir der Welt gestatten, unser Herz zu streifen — unser Herz, das so schön und so nackt ist. Wir sind dann bereit, uns zu öffnen, ohne Rückhalt und ohne Scheu, und uns der Welt zu stellen ... Wir sind dann bereit, unser Herz mit anderen zu teilen." 

 

Janina, Du möchtest diesen Mut in Deinem Namen tragen dürfen: „Freundin des Mutes“ wird Dein Name sein. Wer mit der griechischen Sprache vertraut, ahnt, wie Du gleich bei Deinem Namen gerufen wirst. 

 

Liebe Schwester M. Christina, liebe Janina,

Gott nimmt Euch immer neu in seinen Lebensraum hinein, indem er Euch mit seinem Geist erfüllt; indem er Euch fähig macht zu einem freien Ja zu seiner Güte und zur Bereitschaft, Euch mutig zur Verfügung zu stellen.

 

Von Herzen wünschen wir Euch, dass die innerste Verbundenheit mit unserem GOTT immer stärker werden darf, dass Ihr aus dieser Verbundenheit Mut empfängt für seine Verheißungen und für das Leben, das es zu gestalten und fruchtbar zu machen gilt. 

„Möge in Euch die Gewissheit reifen, dass Ihr mit Haut und Haar gewollt seid, mit jedem Eurer Gedanken, 

auch jenen, die ratlos sind am Ende eines Tages, dass Ihr geliebt seid vom ersten Atemzug bis zum letzten, wenn Euer Weg vollendet ist. Mögt Ihr in Christus ein Glück finden, das größer ist als jedes Besitzen, jedes Wollen und jedes Wissen.

Ein Glück, das an Begegnung reift und an jenem Wunsch, sich zu verschenken, um Hoffnung für Viele zu sein.

Mögt Ihr mit der Gewissheit leben, dass Ihr genug Güte in Euch trägt, um Wunden zu schließen, einen Alptraum zu beenden und ein Leben zu retten und eine leuchtende Antwort zu sein auf jemands dunkle Fragen." [2]

Vergesst es nicht:

Nicht länger nennt man dich «Die Verlassene» und dein Land nicht mehr «Das Ödland», sondern man nennt dich «Meine Wonne» und dein Land «Die Vermählte». Denn der Herr hat an dir seine Freude und dein Land wird mit ihm vermählt. Wie der junge Mann sich mit der Jungfrau vermählt, so vermählt sich mit dir dein Erbauer. Wie der Bräutigam sich freut über die Braut, so freut sich dein Gott über dich! (Jes 62)

Sr. M. Scholastika 

 

 [1] Papst Franziskus, Apostolisches Schreiben „Patris Corde“, 08. Dezember 2020

[2] Giannina Wedde, In deiner Weite lass mich Atem holen