Mittlerweile unterstützt Schwester Rosa Maria, Regionlapriorin unserer Kongregation in Bolivien, mit ihren Schwestern und den Nachbarschaftsteams täglich 1500 Familien in neun Armenvierteln der Stadt Santa Cruz. Sie hat bereits in der Vergangenheit durch ihren unermüdlichen Einsatz für Kinder und Jugendliche die Auszeichnung „boliviana de oro“ erhalten: die goldene Bolivianerin.
Ollas communes – gemeinsame Töpfe: unsere Schwestern verteilen mit ihren Gruppen Lebensmittel an die Familien. Nicht nur in Santa Cruz, sondern auch in Comarapa und in Saipina.
Sie bringen sie selbst in die Barrios, auch dorthin, wo keine Straßen mehr die Familien erreichen.
Die Nachbarschaftshilfe ist groß. Jeder gibt, was er hat: Reis, Kartoffeln, Gemüse. Mit dem, was unter Mühe mit unserer finanziellen Hilfe aus Deutschland eingekauft und besorgt werden kann, wird im gemeinsamen Topf gekocht und dann an die Bedürftigen verteilt.
So wünscht sich Papst Franziskus die Kirche, wurde auf einer bolivianischen online-Zeitung diese Arbeit überschrieben: „Gott schweigt nicht, er spricht, und er ist in so vielen bewegten Herzen, in so vielen Händen der Solidarität, in so vielen gebeugten Knien im Gebet, in so vielen prophetischen Stimmen, die die Ursachen für die Übel anprangern, die uns heimsuchen.“ (Pastoralblatt der Erzdiözese Santa Cruz, 02. Mai 2020)
Mich berührt, dass Sorge um die eigene Gesundheit und Sicherheit in den Hintergrund tritt: es sind die Schwestern, die durch Spenden noch andere Möglichkeiten der Hilfe bekommen.
Schwester Rosa Maria berichtet am 18. Mai:
Wir haben hier seit dem 18.03.2020 strenge Ausgangsbestimmungen. Es sollte nur für 20 Tage sein, aber die Pandemie verbreitet sich jeden Tag mehr. Besonders betroffen sind Santa Cruz und Beni. Hier in Santa Cruz haben wir etwa 2000 Erkrankte und unsere Hospitäler sind nicht für solche Erkrankungen eingerichtet. Es fehlt an allem, an Beatmungsgeräten, an Schutzkleidung, an Medikamenten, die ja hier der Patient selber mitbringen muss. Das führt zu einer Katastrophe, denn es fehlt die Nahrung. Das Nötigste fehlt.
So haben wir mit den Verantwortlichen in den Barrios die „olla comun“ organisiert für die Menschen, die keine Nahrung haben, besonders für die Kinder. Die Autoritäten der Stadt versprachen einen „canasta familiar“, eine Lebensmittelzuteilung pro Familie, aber diese erreicht nur wenige Familien und nur ein einziges Mal. Es war also mehr Propaganda als eine wirklich konkrete Hilfe. Als wir diese Situation sahen , haben wir Schwestern, die wir in der Erziehung und Pastoral in den Barrios außerhalb der Stadt arbeiten, mit einer Kampagne begonnen, um Mittel und Lebensmittel zur Unterstützung der „ollas comunes“ zu erbitten und einzelnen besonders armen, meist kinderreichen Familien zu helfen. Seit April besuchen wir regelmäßig die 9 Barrios unserer Zone. Jedes Barrio kocht in 2-3 ollas comunes für jeweils 150-200 Personen. Das heißt also, dass hier rund 3600 Personen geholfen wird. Sie bekommen wenigstens einmal am Tag eine Mahlzeit.
Wir können offiziell nur einmal in der Woche das Haus verlassen, je nach der Nummer unseres Personalausweises, ansonsten brauchen wir eine Sondererlaubnis der Polizei. Aber es gibt Freunde, die für uns die Arbeit übernehmen, wenn wir im Haus bleiben müssen.
Die Solidarität ist überwältigend!
Jedes Mal, wenn wir in die Barrios fahren, nehmen wir Lebensmittel für rund 7000 – 8000 Bolivianos mit, das sind ungefähr 1000 Euros. Die Umtauschquote beträgt im Augenblick
1 Euro: 7,5 Bolivianos.
Kosten für Lebensmittel:
100 Kilo Zucker 215 Bolivianos
12 Flaschen Speiseöl 130 Bolivianos
1 Packung Nudeln 65 Bolivianos
1 Huhn 15 Bolivianos
Hühnerfleisch es ist das billigste Fleisch, nun noch billiger, weil kein Verkauf möglich ist auf den Märkten.
Um allen Gruppen helfen zu können, muss ich wenigstens 10-12 Zentner Reis, 12 Kisten mit Öl, 12 Packungen Nudeln a 10 kg, Hühner, soweit es reicht, Gemüse etc. mitnehmen.
1 Zentner Reis reicht nur für 2 Mahlzeiten für etwa 200 Personen. Das ist nicht viel, aber es ist sicher, dass sie an diesen Tagen wenigstens eine Mahlzeit haben mit Reis und einem Ei oder einem kleinen Stückchen Huhn oder eine dicke Suppe. Die Realität ist sehr traurig, aber wir sind glücklich, dass die diejenigen, die etwas haben, sehr solidarisch sind.
Hier in Bolivien hat die Pandemie erst begonnen und der Höhepunkt ist noch lange nicht erreicht. Wir wissen nicht, wie das weitergehen soll. Wenn die Menschen nicht arbeiten können, ist kein Geld da. Was sollen sie essen, wenn die Situation noch länger anhält?
Die Schulen sind seit 68 Tagen geschlossen.
Man spricht von einem virtuellen Unterricht, aber wer hat Internet?“
Mein Plan war, im Juli 2020 unsere Schwestern zu besuchen.
Leider sind die Grenzen gesperrt und es wird keine Möglichkeit geben. So bleibt vorerst nur unsere Unterstützung durch die finanziellen Hilfen, durch unsere Gebet und nicht zuletzt durch unsere Liebe zum bolivianischen Volk.
Sr. M. Scholastika