+ Schwester M. Ambrosia Stachelscheid OP
30. Dezember 1918 - 02. April 2020
1918. Unvorstellbar rasant breitete sich damals die spanische Grippe aus und forderte unvorstellbare Zahlen von Toten. 2020. Das Corona-Virus lässt das Leben auch in Deutschland stillstehen. Diese beiden Jahreszahlen, die so viel Leid hervorbrachten und -bringen, zeichnen die Eckpunkte der Lebensjahre unserer Schwester M. Ambrosia, Luise, die am 30.12.1918 in Eschweiler Stolberg als erstes Kind der Eheleute Stacheldscheid-Schürholz geboren wurde. Mehr als 101 Jahre sind ihr geschenkt worden. Wirklich geschenkt, denn sie liebte das Leben und gestaltete es in beeindruckender Treue. Vielleicht war es auch ihr Tag für Tag gelebter Rhythmus, der ihr diese auffallend seelische und physische Gesundheit gegeben hat, ihre Ausgeglichenheit, Zufriedenheit und Heiterkeit. Ihr tiefes Vertrauen auf die mütterliche Präsenz Marias verlieh ihr eine Unbeschwertheit, die wir alle erfahren durften. Sie verehrte auf besondere Weise Maria als Advocata, die im Dominikanerorden einen eigenen Platz bekommen hat.
Schwester M. Ambrosia sehnte sich nach dem Himmel: wie konnte sie staunen und ihrer Freude über das, was uns Menschen einst in der Ewigkeit erwarten wird, Ausdruck geben! Es gab diesen einen Moment in ihrem Leben, da hörte sie in ihrem Innersten die Zusage GOTTES: „Du wirst mein Angesicht schauen!“ Daraus lebte sie, und daraus schöpfte sie Kraft, gerade auch dann, als sie mehr und mehr ihr Augenlicht verlor. Sie wusste: Das Sehen wird ein Schauen werden.
Schwester M. Ambrosia war die älteste von 8 Kindern. Drei ihrer Schwestern haben später den gleichen Weg gewählt wie sie: zu viert traten sie nach und nach in unsere Gemeinschaft ein. Einer ihrer zwei Brüder erkannte seine benediktinische Berufung und wurde Mönch in Maria Laach.
Luise freute sich an ihrer beruflichen Perspektive: sie lernte Stenografie und Buchführung. Die Arbeit im Büro war ihr eine sinnerfüllende Aufgabe. Schon in jungen Jahren hatte sie ein Gespür für Mitverantwortung und Pflichtbewusstsein. So ließ sie im Blick auf ihre Familie immer wieder ihre eigenen Pläne durchkreuzen. Dazu kam der Beruf des Vaters als Bahnmeister und auch der 2. Weltkrieg: sie forderten mehrere Umzüge, die Beweglichkeit und Flexibilität für die ganze Familie bedeuteten.
Doch ein Anderer, GOTT selbst brachte sie in Bewegung und zog sie, rief sie: 1947 trat sie in unsere Gemeinschaft ein. Düsseldorf (1950- 1954) und Remscheid (Priorat von 1964-1971) waren ihre Stationen, doch über Jahrzehnte war sie im Mutterhaus das freundliche, liebenswürdige Gesicht im damaligen Kneipp-Sanatorium, später dann an der Mutterhauspforte.
Eine Geste ist untrennbar mit Schwester M. Ambrosia verbunden: ihre segnende Hand in so vielen Begegnungen. Der Zeichnen des Kreuzes auf die Stirn war ihr Markenzeichen. Und das Rosenkranzgebet – bis ins hohe Alter.
Nun ist ihre jede Blindheit genommen, und sie schaut die Schönheit und Herrlichkeit des Himmels.
Deine Sehnsucht,
liebe Schwester M. Ambrosia,
hat sich erfüllt:
Nun schaust Du IHN, Deinen GOTT.
Sr. M. Scholastika