Corona und die Engelchen

Seit elf Jahren nun lebe und arbeite ich an einem Ort, der für viele andere Sehnsuchtsort und sogar geistliche Heimat ist. Ich lebe zwar eigentlich immer im Bewusstsein, dass dies ein großes Privileg ist, aber momentan, wo mich und uns so viele Zuschriften von Menschen erreichen, die jetzt einfach gerne hier auf dem Arenberg wären, empfinde ich das noch einmal sehr viel intensiver als sonst. In den letzten Tagen habe ich mir Gedanken darüber gemacht, was mein persönlicher Ausdruck der Verbundenheit mit unseren Gästen sein könnte, und musste gar nicht lange nachdenken: Jeden Abend nach der Komplet steige ich jetzt bewusst die vielen Stufen hoch in die Gästekapelle, zünde ein Kerzchen in der "Mutter-Gottes-Ecke" an und bete für diejenigen, die zur gleichen Zeit alleine in ihrer Wohnung sitzen, von Sorgen und Ängsten geplagt sind, um ihre Existenz bangen oder sogar akut gegen den Virus zu kämpfen haben. Ich merke, wie solche Rituale gut tun in einer Zeit, in der gefühlt nichts mehr so ist, wie es einmal war. 

Heute Abend stand ich nun wieder dort oben und machte Maria und allen Heiligen noch einmal ganz unmissverständlich klar, dass sie in diesen Tagen bitte schön eine Menge zu tun haben. Und plötzlich musste ich schmunzeln, als mein Blick auf den unteren Teil der Figur fiel: dort steht nämlich Marias zierliches Füßchen ziemlich lässig auf einer Schlange ("der höllischen Schlange den Kopf sie zertritt..." - so singen wir in einem Marienlied, in Anlehnung an Offb 12). Das arme Höllenvieh musste wohl einsehen, dass es der marianischen Wirkmacht nichts entgegenzusetzen hat: So zahm ist es geworden, dass eines der Engelchen, die unter Marias Rockzipfel hervorlugen, es sogar am Kopf streicheln kann. Ich konnte nicht anders, aber ich hab die Schlange heute Abend einfach mal Corona getauft. Hat mir jedenfalls gut getan. Ich weiß, sie wird höchstwahrscheinlich noch viel Leid und Unheil anrichten, bevor sie endlich gezähmt werden kann. Corona und die Engelchen, sie helfen mir gerade dabei, mich selbst, die Menschen, denen ich mich verbunden fühle und unsere ganze unheile Welt immer wieder DEM anzuvertrauen, der in Wahrheit die Macht über Leben und Tod hat. 

Und so werde ich mich in den kommenden Wochen noch oft auf den Weg in die Gästekapelle machen, Kerzchen anzünden, um Heilung beten und vielleicht auch ab und zu mal wieder etwas schmunzeln ;-)

Sr. M. Ursula