Im vergangenen November wurde eine großartige Idee geboren – mit der „U60-Gruppe“ unserer Gemeinschaft (alle Schwestern unter bzw. um die 60 Jahre) hatten wir uns bei Sr. M. Josefa und Sr. M. Andrea in Datteln-Meckinghoven getroffen und machten nach dem Mittagessen bei schönstem Wetter einen kleinen Verdauungsspaziergang am Dortmund-Ems-Kanal. „Eigentlich müssten wir hier mal eine Fahrradtour machen!“, sagte plötzlich eine von uns, und die Idee stieß spontan auf Zustimmung. Die Terminfindung erwies sich zwar bei unseren vollen Kalendern schwieriger als vermutet, doch nach längerer Suche einigten wir uns schließlich auf den 18.6.2019. Ehrlich gesagt hatte ich bis kurz vor Beginn der Tour große Zweifel, ob wir es wirklich hinbekämen, diesen Termin zu halten, umso mehr freute ich mich, als Sr. Scholastika, Sr. Christina und ich tatsächlich am Dienstagmorgen um 6:40 mit unseren Fahrrädern im IC saßen und Richtung Recklinghausen fuhren. Sr. Maria und Sr. Kerstin-Marie stiegen in Oberhausen ein, und wir erreichten pünktlich (danke, Deutsche Bahn!!) um kurz vor 9 Uhr Recklinghausen. Von dort aus war es nur ein Katzensprung nach Datteln-Meckinghoven, wo wir nach einem kurzen Kaffeeplausch zusammen mit Sr. Josefa und Sr. Andrea auf die Räder stiegen.
Um es kurz zu machen: Diesen Tag werden wir wahrscheinlich alle so schnell nicht mehr vergessen. Anfangs hatte ich etwas Not, ob wir uns das Ziel nicht etwas zu hoch gesteckt hatten und wir überhaupt gemeinsam auf dem Rad in Münster einrollen würden. Während unsereins ja noch relativ gut im Training war, gab es auch Schwestern in unserer Gruppe, die schon monatelang nicht mehr auf dem Fahrrad gesessen hatten – in diesem Fall sind knappe 70 km doch eine ziemlich krasse Hausnummer.
Die erste Etappe unserer Tour führte uns ins ca. 25 km entfernte Lüdinghausen, wo wir uns in der Mittagshitze in einer viel umschwärmten Eisdiele mit kühlen Köstlichkeiten verwöhnen ließen. Die Portionen waren üppig bemessen, und insbesondere Anblick des „Pizzaeisbechers“ brachte uns zum Lachen bzw. Sr. Maria ins Schwitzen – beim Verzehr konnte sie dann jedoch natürlich auf mitschwesterliche Unterstützung zählen. So gestärkt waren die nächsten 25 km nach Senden fast ein Kinderspiel, obwohl wir unterwegs stellenweise mit nicht unerheblichem Gegenwind zu kämpfen hatten. Für unsere nächste größere Pause hatten wir uns ein schönes schattiges Plätzchen am Kanal ausgesucht, erfreulicherweise ganz in der Nähe eines Getränkemarktes, und so konnten wir durch den Genuss eines kühlen Radlers etwas für unseren Elektrolythaushalt tun. Schön, dass wir von unserem Rastplatz aus auch das Schild „Münster 20 km“ sehen konnten – 20 km, das erschien uns ja nur noch wie ein Klacks! Der letzte Abschnitt unserer Tour endete ziemlich amüsant: Sr. Kerstin-Marie, Sr. Christina und ich waren vorgeprescht, hatten allerdings wohl zwischendurch irgendwo ein Schild übersehen, so dass wir unfreiwillig ca. 6 km Umweg machten. Unsere „Seniorengruppe“ dagegen war rechtzeitig in Richtung Münster abgebogen und wir staunten nicht schlecht, als wir drei nach einem ziemlich sportlichen Sprint von mehreren Kilometern plötzlich am Stadtrand einige Meter vor uns unsere Mitschwestern radeln sahen. Umso schöner war es, dass wir dann am Ende tatsächlich alle gemeinsam auf dem Domplatz einrollten, wo wir als Erinnerung ein „Finisher-Foto“ machten.
Auch das war verrückt: Sr. Kerstin-Marie hatte uns vorweg in einem kleinen Lokal in Münster einen Tisch reserviert für ca. 17:45 Uhr. Ohne dass wir an diesem Tag auch nur ein einziges Mal auf die Uhr geschaut haben, saßen wir dort um 17:40 Uhr – zwar etwas angemüdet, dafür aber stolz wie Oskar und quietschvergnügt – beim Abendessen. Und überhaupt hatte dieser ganze Tag für mich und uns viel Unbeschwertes: Einfach mal einen Tag lang die vielen Gedanken abschalten, die Natur zu genießen und alle Kraft in die Beine fließen lassen, das empfand ich persönlich als Luxus. Zu erleben, wie jede von uns ihr eigenes Tempo fahren konnte, wie wir als kleine Schwesterngruppe in aller Unterschiedlichkeit auf ein konkretes gemeinsames Ziel hin miteinander unterwegs waren, wie wir uns gegenseitig zu Höchstleistungen angespornt und miteinander die Pausen gestaltet haben, war einfach ein Geschenk und ist für mich auch ein starkes Bild für die Art und Weise, wie wir heute miteinander Leben gestalten. Und dass am Ende die Letzten die Ersten sein werden, hat Jesus ja nebenbei bereits vor 2000 Jahren prognostiziert ;-)
Nach dieser großartigen Erfahrung hoffe ich jedenfalls sehr, dass weitere gemeinsame Touren folgen und wir auch weiterhin auf diese schöne Art und Weise Leben teilen werden.
Sr. M. Ursula